Große Rosenstraße 20 (heute keine Bebauung, nur Parkplatz)

 

ERIKA PLAUT
ELSE PLAUT

                                                                HORST HAROLD PLAUT

 

Verlegung 9. Juli 2019 

 

FRIEDRICH PLAUT wurde am 6. April 1889 in Niederaula geboren und betrieb in der Kasseler Rosenstraße 20 einen Großhandel für Sattler- und Polsterbedarf. In Kassel ist er erstmals im Jahre 1925 in der Obersten Gasse 21 gemeldet.

 

         Seine Ehefrau ELSE PLAUT war eine geborene Meinberg und wurde am 23.2.1895 in Gütersloh-Wiedenbrück geboren. Wo und wann sie sich kennengelernt und geheiratet haben, wissen wir nicht. In Kassel wohnen sie seit Anfang 1927 zusammen im Königstor 21, wo am 28. Dezember des Jahres auch ihr Sohn HORST zur Welt kommt. Der Großhandel, den Friedrich betreibt, läuft so gut, dass die junge Familie sich eine standesgemäße 7-Zimmer-Wohnung leisten können. Am 1.April 1930 ziehen sie in die Rosenstraße 20 ein und vier Monate später am 31. Juli wird dort ihre Tochter ERIKA geboren.

 

Als am 6.4. 1937 Friedrich Plaut stirbt, führt die Witwe das Handelsgeschäft allein weiter. Allerdings zieht sie mit ihren Kindern in eine kleinere Wohnung, zunächst in die Kölnische Straße 112, später in die Ulmenstraße und schließlich in die Wilhelmshöher Allee 25 A.

Harold Horsts Abschlusszeugnis an der Chicago High School
Harold Horsts Abschlusszeugnis an der Chicago High School

HORST PLAUT, der ein guter Schüler war und normalerweise Abitur gemacht und studiert hätte, konnte die Volksschule nur bis zur 7. Klasse besuchen. Danach waren alle jüdischen Kinder vom normalen Schulbesuch ausgeschlossen. Am 10. 8. 1941 gelingt dem 13-jährigen Jungen die Flucht in die Vereinigten Staaten von Amerika. Wie ihm das gelang und wer dem Jungen dabei half, ist uns nicht bekannt. In Chicago nennt er sich Harold und holt unter „sehr großen Schwierigkeiten“ die fehlende Schulausbildung nach, studiert an der dortigen Roosevelt-Universität und ergreift 1953 einen Ingenieurberuf.

 

Seine Mutter Else und seine Schwester Erika ziehen eine Woche nach seiner Flucht nach Gütersloh, die Heimatstadt von Else. Ende April 1942 werden alle Juden aus dem Regierungsbezirk Koblenz zusammengetrieben. Transporte nach dem Osten werden zusammengestellt. Mit insgesamt 770 Personen mit Bestimmungsort Kraśniczyn im Distrikt Lublin des Generalgouvernement  werden die 47 Jahre alte Else Plaut und ihre 12-jährige Tochter Erika nach Krasniczyn deportiert. Zu den 658 Deportierten aus Koblenz kamen 104 Insassen der „Israelitischen Heil- und Pflegeanstalten“ Bendorf-Sayn und 8 Personen aus dem Regierungsbezirk Aachen.

Krasniczyn (deutsch: Kiebitz) ist ein Dorf in Ostpolen (Woiwodschaft Lublin). Nach der Ankunft in Lublin wurden die Deportierten zu Fuß nach Kraśniczyn (ca. 12 km entfernt) weitergeleitet. Der Aufenthalt in dem dort 1941 errichteten Ghetto währte nicht lang. Nach kurzer Zeit wurden die Deportierten zumeist in die Vernichtungslager Sobibor, Belzec, Treblinka und Auschwitz-Birkenau gebracht und dort ermordet.

ERIKA PLAUT wurde am 31.7.1930 in Kassel geboren und lebte bis zum siebenten Lebensjahr in der Großen Rosenstraße 20. Sie hatte zunächst einen sehr kurzen Schulweg, denn im selben Haus war auch die Jüdische Volksschule untergebracht. Auch nach dem Umzug der Familie in die Kölnische Straße, die Ulmenstraße und die Wilhelmshöher Allee ging sie bis zum Jahr 1941 weiter dort zur Schule. Ob sie nach dem Umzug im August 1941 in die Heimat der Mutter in Gütersloh noch eine Schule besuchte, wissen wir nicht. Ein halbes Jahr später, am 31.4.1942 von Gütersloh aus wird sie zusammen mit ihrer Mutter Else nach Krasniczyn deportiert. Als ihren Todesort nennt das Gedenkbuch des Bundesarchivs Warschau, anders als bei ihrer Mutter, deren Todesort und -datum nicht bekannt sind.

Leider gibt es keine Fotos von der Familie Plaut

Jürgen Strube im Mai 2019

 

Quellen:  Stadtarchiv KS, Hausstandsbuch Bestand A 3.32 Nr. 471

                 International Tracing Center Bad Arolsen                                                                                                                                       Devisenakten Hess. Staatsarchiv, 519/3 036167                                                                                                       

 

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