Adolf, Frieda und Else Elsbach

Kurt-Wolters-Straße 27 (früher Katzensprung 1)

Adolf Elsbach ist am 28.9.1860 in Walldorf-Werra geboren. Seine Eltern waren der Fabrikant Moritz Elsbach und Ehefrau Fanny, geb. Stern (Fotos siehe weiter unten). Sie lebten seit langem im thüringischen Walldorf. Schon ab dem 17. Jahrhundert waren in Walldorf Juden ansässig. In 1833 lebten 537 Juden dort, etwa ein Drittel der Bevölkerung. Moritz Elsbach war Inhaber der Firma Elsbach & Co. Zugleich betrieb er eine Weberschule. Moritz Elsbach war dreimal verheiratet; aus diesen Ehen stammten mindestens 6 Kinder.

Frieda Elsbach kommt ebenfalls aus Walldorf, geboren am 5.9.1862. Ihre Eltern waren der Kaufmann Louis Haas und Ricke Haas, geb. Ortweiler.

Adolf und Frieda haben am 1. Mai 1888 in Walldorf geheiratet. Das Ehepaar hatte 5 Kinder:

 

Else, geboren am 5.3.1889 in Walldorf

Martin, geboren am 26.6.1891 in Walldorf - gefallen im Ersten Weltkrieg

Alfred, geboren am 14.1.1893 in Walldorf

Luidolf, geboren am 15.1.1895 in Walldorf

Franziska, geboren am 21.5.1897 in Walldorf

 

Im Mai 1913 meldet sich Adolf Elsbach zusammen mit seiner Frau und den Töchtern Else und Franziska in Kassel, Katzensprung 1 an. Als Berufsbezeichnung ist in der Meldekarte Kaufmann eingetragen. Die Wohnung befindet sich im 1. Stock. Heute können weder Haus noch Straße sichtbar gemacht werden. Im Jahre 1914 wird Adolf im Handelsregister als Gesellschafter der Waffelfabrik Hilker und Schmalz geführt. Zusammen mit seinem Schwager Julius Emanuel betreibt er den Bäckereibetrieb in der Packhofstraße. Julius Emanuel ist mit Adolfs Schwester Clara verheiratet. In diesem Betrieb werden auch Zwieback und Matzen hergestellt.

Matze auch „ungesäuertes Brot“ genannt, ist ein dünner Brotfladen, der von religiösen und traditionsverbundenen Juden während des Pessach

gegessen wird. Matze wird aus Wasser und einer der fünf Getreidearten Weizen, Roggen, Gerste, Hafer oder Dinkel ohne Triebmittel gefertigt. In einer Werbeanzeige der Jüdischen Wochenzeitung preist Adolf Elsbach sein Produkt mit dem Hinweis auf rabbinische Aufsicht an.

Das Grundstück Packhofstraße 18 gehört laut Adressbuch den Gesellschaftern Elsbach und Emanuel; ebenso das benachbarte Grundstück Klosterstraße 2. Im Laufe des Jahres 1927 wird der Backbetrieb aufgegeben. Die Firma Hilker & Schmalz erscheint nicht mehr im Handelsregister. Vorher ist sein Schwager als Gesellschafter ausgeschieden.

Adolf Elsbach ist nunmehr als An- und Verkäufer von Möbeln tätig. Die Ausgrenzungs- und Boykottaktionen der Nazis lassen den Umsatz und den Ertrag des Geschäfts erheblich einbrechen. 1934 zieht die Familie Elsbach vom Katzensprung in die Räume der ehemaligen Bäckerei in der Packhofstraße, nicht zuletzt aus Kostengründen. Adolf und Frieda sind mittlerweile 74 und 73 Jahre alt. Bei ihnen ist noch die psychisch behinderte Tochter Else, die auf Hilfe angewiesen ist. Die Tochter Franziska ist nach ihrer Eheschließung mit Siegfried Mathias aus dem Haus gegangen und lebt in Hofgeismar.

 

Im Mai 1938 feiert das Ehepaar Elsbach Goldene Hochzeit im Kreis aller Kinder und Enkelkinder. Zu dieser Feier gehen dem Paar 145 Glückwunschadressen zu. Adolf Elsbach hat sie alle gesammelt, nummeriert und in ein Album geklebt. Beigefügt ist eine Aufstellung aller Gratulanten und ihrer Anschriften, alphabetisch sortiert. Dieses Album ist erhalten geblieben und von Pedro Elsbach dem Verein Stolpersteine Kassel übergeben worden.

Nach der Goldenen Hochzeit beginnen die Söhne Alfred und Luidolf mit Vorbereitungen für die Ausreise.

Sohn Alfred ist in Freiburg mit Hildegard Winkler verheiratet. Aus dieser Ehe entstammen Klaus und Dieter (JG 1930). Die Ehe ist geschieden. 1938 ist Alfred nach Montevideo ausgewandert. Klaus und Dieter sind bei ihrer Mutter in Freiburg geblieben. Dieter Hess-Elsbach lebt in Freiburg. Alfred heiratet in Argentinien in zweiter Ehe Brigitte Rachmann. Zwei Kinder, Pedro (JG 1950) und Ruth (JG 1947), kommen aus dieser Ehe und leben in Berlin. Luidolf ist mit Martha Nussbaum verheiratet. Sie wohnen in Kassel und haben 2 Kinder: Lieselotte (JG 1925) und Martin (JG 1927). Lieselotte ist per Kindertransport in die USA geflohen, Martin 1939 per Kindertransport nach England. Luidolf und Martha können noch 1940 in die USA flüchten. Es gibt Nachkommen in den USA.

 

Adolf und Frieda werden durch die Judenvermögensabgabe 5000 RM auferlegt. Die Finanzbehörden treiben die Abgabe durch Zugriff auf die Mieteinnahmen ein. Im Frühjahr 1942 wird das Ehepaar zusammen mit Tochter Else aus der Wohnung gedrängt und in das jüdische Altersheim in der Mombachstraße 17 eingewiesen. Von dort sind sie am 7.September 1942 mit 844 anderen Juden aus dem Bezirk Kassel mit dem Sonderzug nach Theresienstadt deportiert worden. In diesem Transport befanden sich allein 76 Bewohner aus der Mombachstraße. Nur 70 Menschen des Kasseler Transports erlebten die Befreiung von Theresienstadt im Mai 1945.

Frieda Elsbach ist am 9. November 1942 gestorben.

Else Elsbach ist am 26. Januar 1943 gestorben.

Adolf Elsbach ist am 6. Februar 1943 gestorben.

In den Todesfallanzeigen ist von Altersschwäche, Herzversagen und Lungenentzündung die Rede. In Wirklichkeit waren es die erbärmlichen Lebensbedingungen, die die Menschen auch ohne Vergasung reihenweise sterben ließen.

 

Nachsatz: Tochter Franziska Elsbach, verheiratete Mathias ist zusammen mit ihrem Mann Siegfried deportiert und ermordet worden. Für sie liegen Stolpersteine in Hofgeismar. Ihr Sohn Hans-Alfred Mathias ist durch Kindertransport gerettet worden. Es leben Nachkommen in England.

 hier  war  die Bäckerei der Elsbachs                                    Fotos der Eltern von Adolf Elsbach

 

Quellen:

Stadtarchiv Kassel, StadtA KS A 3.32 Meldekarte Elsbach

Adressbücher Kassel

Staatsarchiv Wiesbaden, Entschädigungsakte 518, 61771

http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/u-z/2028-walldorf-werra-thueringen

Uni-Bibliothek Kassel, 35 HF B 767

Beate Kleinert und Wolfgang Prinz: Namen und Schicksale der Juden Kassels, Hg. Stadt Kassel, 1986

http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch   

 

Jochen Boczkowskik, Februar 2018

 

Die Verlegung der Steine fand am 5. März 2018 statt,

Fotos von der Verlegung der Steine findet man hier

 

Die Ziele des Vereins

Hier können Sie Kontakt mit uns aufnehmen.

TERMINE  2024

17.3. und 24.3.2024

jeweils 14.00 Uhr

Treffpunkt Haltestelle Annastraße (Platz der 11 Frauen)

Führung zu "Stolpersteine und die Zerstörung jüdischen Lebens im Vorderen Westen" im Rahmen der internationalen Wochen gegen Rassismus.

Teilnahme kostenlos

29.06.2024 Verlegung von Stolpersteinen mit Gunter Demnig