Sickingenstraße 3 (früher Sedanstraße)

 

IDEL ZALCMAN

BELLA ZALCMAN geb. Nagel

MAX ZALCMAN

LOTTE ZALCMAN

 

Verlegung am 9.Juli 2019

 

Die jüdischen Eheleute ZALCMANN hatten einen Sohn und eine Tochter:

Lotte, geboren am 7. September 1927 in Kassel, ist das jüngere der beiden Kinder. Sie war noch keine 11 Jahre alt, als sie sich 1938 von ihrem Bruder Max verabschieden musste. Ein Jahr später kam 1939 der Abschied von ihrem Vater, auch im Mai. Sie blieb allein mit der Mutter zurück. 

Max ZALCMAN wurde am 20. Juni 1924 in Kassel geboren. Er war gut 3 Jahre älter als Lotte. Mit knapp 14 Jahren wurde er am 3. Mai 1938 nach Frankfurt /M. abgemeldet. Ob er so jung dort zu Verwandten oder Bekannten kam und wie dann sein weiteres Schicksal verlief, liegt im Dunklen. In der Frankfurter Stolpersteinliste ist sein Name nicht aufgeführt.

Der Vater Idel ZALCMAN wurde am 4. Januar 1898 in Czenstochau/Polen geboren. Laut Hausstandsbüchern des Kasseler Stadtarchivs hatte er die polnische Staatsangehörigkeit und war Kaufmann von Beruf. Über seine Berufsausübung ist nichts Näheres bekannt. Er war am 1. Juni 1923 aus Beuten (? – nicht im PLZ-Buch), also 1 Jahr nach seiner Heirat, nach Kassel, Parkstr. 14 gezogen.

Die Mutter, Bella ZALCMAN, geb. Nagel, stammt aus der Schwalm. Sie wurde am 12. Dezember 1892 in Neukirchen, Kreis Ziegenhain geboren. Ihr Vater war der dort bekannte Kaufmann G. Nagel, ihre Mutter Emma Nagel, eine geborene Buchreuth, beide Eltern waren israelitischer Religion. Es ist nicht näher bekannt, wann Bella Nagel nach Kassel kam und Idel Zalcmann kennen lernte und 1922 heiratete. –

Geburtsurkunde   (durch Klick vergrößern)
Geburtsurkunde (durch Klick vergrößern)

 

In der Parkstraße wurden dann Max und Lotte geboren. Sie waren etwa 9 und 6 Jahre alt, als die Familie am 4. Oktober 1933 in die Sedanstr. 3 und dann nur noch zu dritt unter wachsender Bedrängnis am 10. September 1938 in die Klosterstr. 3 umzog. Da war Sohn Max schon 4 Monate früher nach Frankfurt /M. verzogen. 9 Monate später wurde der Vater am 1. Mai 1939 nach Shanghai abgemeldet.

Diese Stadt in China war einer der ganz wenigen Orte, die jüdischen Flüchtlingen da noch offenstand. 

(Auf der Weltausstellung 2010 in Shanghai war dieser großzügigen, lebensrettenden politischen Geste der Expo-Gastgeberstadt im israelischen Pavillon eine eindrucksvolle Dokumentation gewidmet.)

Es ist denkbar, dass Vater und Sohn zusammen dorthin auswanderten und dass sie Bella und Lotte nachkommen lassen wollten…  Dazu ist es nicht mehr gekommen.

 Ende 1938 geriet Mutter Bella ins Visier der Behörden wegen „vorbereitender Maßnahmen zur Verlegung ihres Wohnsitzes ins Ausland“. Als allgemeine Verdachtsgründe galten der Gestapo bereits: „Antrag auf Erteilung eines Reisepasses, Auflösung eines Geschäfts oder der Wohnung, der Verkauf von Grundstücken, Beteiligungen usw.“ Sie wurde aufgefordert, ein genaues Verzeichnis ihres Vermögens einzureichen. Was war geschehen? – Sie hatte, so die Reichsbankstelle Kassel am 8. Juli 1940 – „2 Exportsendungen an das Generalgouvernement aufgegeben, ohne die erforderliche Genehmigung der Devisenstelle einzuholen.“ Sie verwahrte sich mit Brief vom 23. Dezember 1938 dagegen:

Als Sohn Max 1938 nach Frankfurt ging und 1939 ihr Mann nach Shanghai auswanderte, lebte sie allein mit Tochter Lotte in der Klosterstr. 3, musste aber in die Nr. 2, 1. Stock und am 29.8.1941 in die Gießbergstr. 5 umziehen. Von dort aus wurden Mutter und Tochter mit dem 1. Transport am 9.12.1941 nach Riga deportiert und gelten als verschollen. 

Quellen:

Stadtarchiv Kassel: Adress- und Hausstandsbücher A 3.32 HB 500 und 565                                                                                             „Namen und Schicksale der Juden Kassels 1933 - 1945“, bearbeitet von B. Kleinert und W. Prinz, Kassel 1986, Hrsg. Magistrat der Stadt Kassel        Hessisches Haupt- und Staatsarchiv Wiesbaden: HHStaA 519/3 37606

 

Im Mai 2019 Gudrun Schmidt

 


 

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