Rosa Rosengarten, Israel Rosengarten, Marjen Rosengarten und Margot Cilli Rosengarten

Müllergasse 2 (früher Müllergasse 12 - 16)

4 im Block verlegte Steine für 4 Familienmitglieder, geschmückt mit roten Rosen

Die Rosengarten-Familie ist um 1920 aus einer Gemeinde in der Woiwodschaft Lodz/Polen kommend in Kassel ansässig geworden. Den Anfang machte Israel Rosengarten (geboren am 22.07.1899). Er kam bereits im Juni 1919 als 20-jähiger nach Kassel. Seine erste Meldeadresse war eine Wohnung in der heute nicht mehr existierenden Fliegengasse.

 

Seine Eltern Heinrich und Rosa Rosengarten, damals 44 Jahre alt, folgten ihm im Februar 1920. Mit ihnen kamen 3 weitere Söhne:

Julius/Joel geb. 16.08.1902 in Lodz

Ulrich/Uscher geb. 22.07.1908 in Lodz

Isaak geb. 27.05.1912 in Lodz

 

Ihre erste Wohnung war in der Schäfergasse 33. In kurzen Abständen wechselten sie in die Weserstraße 29, Untere Fuldagasse 16, Kastenalsgasse 14. Von 1924 bis 1931 lebten sie dann in Kastenalsgasse 7. Alle Häuser sind im Oktober 1943 zerbombt worden. Man kann davon ausgehen, dass die Rosengartens nach Kassel kamen, in der Hoffnung hier ein besseres Auskommen als in Lodz zu finden. Bei Vater Heinrich und den Söhnen Julius und Israel ist als Beruf Schuhmacher eingetragen. Ob sie selbständig waren oder etwa bei Schuhfabrik Chasalla gearbeitet haben, war nicht zu klären. Es waren also einfache Leute, die auf keinen Fall auf Rosen gebettet waren. Diese Einschätzung wird gestützt durch die Tatsache, dass ihre Wohnungen in den engen Gassen der Kasseler Altstadt lagen.

 

Im Oktober 1920 ist das 5. Kind von Rosa und Heinrich Rosengarten die Tochter Cypra, geb. 24.4.1897 aus Lodz nach Kassel gekommen. Sie brachte den drei Monate alten Abraham und den zwei Jahre alten Simon mit. Sie zog zu ihren Eltern in die Untere Fuldagasse. In 1924 ist dann noch ihr Söhnchen Aron geboren worden. Es müssen wie für die meisten Altstadtbewohner sehr enge Verhältnisse gewesen sein.

 

In 1931 sind die Eltern Heinrich und Rosa mit weiteren Familienmitgliedern in die Müllergasse 18 gezogen. 1939 wurden sie gezwungen, in die Müllergasse 12-16, ein sogenanntes Judenhaus zu ziehen. Hier waren die Eltern Heinrich und Rosa mit ihren Söhnen Julius, Ulrich, Isaak und Israel und mit deren Partnerinnen zusammengepfercht. Vater Heinrich ist am 21.10.1939 gestorben.

 

Sohn Ulrich ist im Juli 1939 nach Belgien und Sohn Isaak im September nach Großbritannien geflohen, von einer Auswanderung sollte in diesem Fall keine Rede sein. Sie haben überlebt. Es gibt Nachfahren in den USA und Großbritannien. Bemühungen mit ihnen in Verbindung zu treten, hatten bislang keinen Erfolg. Die Spur der Tochter Cypra und ihrer Kinder Abraham, Simon und Aron ist nicht aufzuklären.

 

Aber es ist Gewissheit, dass am 9. Dezember 1941

Rosa Rosengarten, geb. Unger,

ihr Sohn Israel,

ihr Sohn Julius,

ihre Schwiegertochter Marjen, geb Plappla und

ihre Enkeltochter Margot Cilly (Tochter von Julius aus 1. Ehe)

zusammen mit über 1000 anderen jüdischen Menschen vom Kasseler Hauptbahnhof in das Ghetto Riga deportiert worden sind. Von dort sind sie im November 1943 nach Auschwitz geschickt worden.

 

Überlebt hat Julius Rosengarten. Nach der Befreiung hat Julius einige Jahre in Kassel gelebt und ist in den 1970-er Jahren in Frankfurt/Main gestorben.

 Weil die Wohnungen der Rosengarten in 1943 zerstört worden sind und die Überlebenden durch Flucht und Lager gegangen sind, gibt es keine Bilder oder persönlichen Dokumente.

 

 

Quellen: Stadtarchiv Kassel – Meldekarten,

Namen und Schicksale Kasseler Juden – 1933 bis 1945

Gedenkbuch Bundesarchiv

www.yadvashem.org

 

Margot Cilli Rosengarten war nur 11 Jahre alt, als sie ermordet wurde.

Sie ist das erste der Kinderopfer aus Kassel, deren wir mit einem Stolperstein gedenken.

Margot Cilli wurde am 16.11.1931 in Kassel geboren. Nachdem ihre Mutter Taube Rosengarten geb. Kolodkin (*1903) 1937 verstorben war, heiratete ihr Vater Julius Marjem Plappla (geboren am 15.9.1909 in Proschowitz).

 

Am 9.12.1941 wurde Margot Cilli zusammen mit ihrem Vater Julius, ihrer Großmutter Rosa, ihrem Onkel Israel und ihrer Stiefmutter Marjem geb. Plappla nach Riga deportiert. Am 5.11.1943 kamen alle fünf in des Konzentrationslager Auschwitz, wo alle außer Julius ermordet wurden. 

 

Dass der Terror der Nazis auch vor Kindern keinen Halt machte, werden wir in den nächsten Jahren mit der Verlegung von weiteren KINDERSTEINEN demonstrieren. Bisher haben wir die Namen von mehr als 160 Kindern ermittelt, deren Schicksale wir aber erst noch im Detail erforschen müssen. Sie alle hatten keine Chance, irgendwelche Spuren im Leben ihrer Heimatstadt zu hinterlassen. Oft wissen wir nicht mehr von ihnen als die Daten ihrer Geburt und ihres Todes.

 

Die Müllergasse vor den Kriegszerstörungen - oben die Kastenalsgasse, rechts der Pferdemarkt.

Nachbemerkung 2021:

Als wir im Jahr 2013 diese Stolpersteine in der Müllergasse verlegt haben, haben wir die Familienmitglieder, die die Verfolgung überlebt haben, noch nicht im Blick.

Daher gibt es für Ulrich, Isaak und Julius bisher keine Stolpersteine in der Müllergasse.

 

Die Ziele des Vereins

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TERMINE  2024

17.3. und 24.3.2024

jeweils 14.00 Uhr

Treffpunkt Haltestelle Annastraße (Platz der 11 Frauen)

Führung zu "Stolpersteine und die Zerstörung jüdischen Lebens im Vorderen Westen" im Rahmen der internationalen Wochen gegen Rassismus.

Teilnahme kostenlos

29.06.2024 Verlegung von Stolpersteinen mit Gunter Demnig